
«Die Geschwindigkeit der digitalen Interaktion hat auch Kehrseiten. Es fehlt die Aufmerksamkeit des persönlichen Kontakts.»
Die Erwartungen der Kundinnen und Kunden an das Gesundheitssystem verändern sich im Gleichtakt mit den gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen. Was heute gilt, ist morgen oft bereits überholt. Oder doch nicht ganz? Drei junge Menschen im Gespräch über ihre Ansprüche an die Gesundheitsversorgung.
«Das Gesundheitsbewusstsein ist heute garantiert viel ausgeprägter als in der Generation meiner Eltern und Grosseltern», meint Benno Christen. Fiona Huber pflichtet bei und stellt den Befund in den aktuellen Kontext: «Die Corona-Pandemie konfrontiert uns direkt mit der physischen, aber auch mit der psychischen Gesundheit. Und wegen des Klimawandels ist die Ernährung in den Fokus gerückt.»
Kritische Distanz zu «Dr. Google und Co.»
Das Internet ist zwar als schnelles Informationsmedium bei einer Gesundheitsfrage wichtig, doch die drei setzen für eine erste Einschätzung immer auf mehrere Quellen. Fiona warnt: «Im Internet kann man sich verrennen, wenn man Symptome falsch deutet.» Hausärztinnen und -ärzte mit ihren Erfahrungen sind für sie unersetzlich.
Generell spielen für alle drei digitale Kanäle eine zentrale Rolle. Fiona führt ein Beispiel an: «Ich bin in ärztlicher Behandlung wegen Migräne und kenne die Medikamente – auch dank meinem Studium. Da brauche ich nicht jedes Mal den Hausarzt, sondern möglichst rasch meine Medikamente.» Als Medizinstudentin pendelt sie zwischen zwei Standorten und ist darauf angewiesen, rasch und ortsunabhängig Zugriff auf medizinische Dienstleistungen zu haben.

Digital ja, aber …
Trotz der Affinität zu den neuen Medien gibt es in der Runde Vorbehalte gegenüber der digitalisierten Gesundheitsberatung. Für Nils Segessenmann ist klar: «Ich finde es definitiv sympathischer, mit einer Fachperson zu sprechen, die persönlich auf mich eingeht.» Und Benno ergänzt: «Eine digitale Beratung ist in Ordnung, solange man mich an den Spezialisten weiterweist.» Er kann sich vorstellen, Fotos und andere Daten für eine Erstkonsultation auf eine App hochzuladen. Auch Fiona zieht den Kontakt mit Menschen vor, sieht aber auch den Vorteil einer App: «Als erste Triage, um das Gesundheitssystem zu entlasten – weshalb nicht?»
Auch «Belohn-Apps» zur Gesundheitsprävention beurteilt Nils kritisch: «Grundsätzlich versuche ich gesund zu leben, versteife mich aber nicht auf etwas. Ich sehe nicht, wie mich Belohnungen dazu bringen sollten, mehr für meine Gesundheit zu tun.» Fiona ist da etwas anderer Ansicht: «Wenn ich müde bin, kann mich ein Bonus durchaus motivieren, mich nochmals aufzuraffen.»
Nachhaltigkeit als Riesenchance
Hohe Erwartungen hegt die junge Generation bezüglich Nachhaltigkeit. Nils betont: «Auch wenn die Krankenversicherer nicht zu einem Sektor gehören, der für einen besonders grossen CO2-Ausstoss verantwortlich ist, erwarte ich, dass sie noch mehr tun: zum Beispiel die Gebäude klimaneutral machen und umweltschonendes Verhalten der Mitarbeitenden fördern.» Fiona erachtet das Thema «Nachhaltigkeit» als grosse Chance für Unternehmen: «Nachhaltigkeit ist für uns Junge ein Riesenthema. Und für einen Krankenversicherer ist sie eine Riesenchance. Damit zieht sie Junge an.»
(v.l.n.r.)
Nils Segessenmann
studiert Maschinenbau an der ETH Zürich
Benno Christen
ist im Maschinenanlagenbau tätig
Fiona Huber
studiert Medizin an der Universität Bern