Blick
von aussen

«Wir wissen genau, wie viel das Gesundheitssystem kostet. Aber seinen Wert kann keiner abschätzen.»

Seit Jahren zählen die hohen Kosten zu den dominanten Themen der Gesundheitspolitik. «Betrachten wir es einmal andersherum: Was heisst denn teuer?» Die Frage von Jérôme Cosandey, profunder Kenner des Gesundheitswesens, lässt aufhorchen. Die Haushalte in der Schweiz geben etwas weniger für die Prämien der Grundversicherung als für den Verkehr aus. «Ich habe noch nie von einem politischen Vorstoss gehört, der dringend die Kosten für die Mobilität reduzieren will. Die Frage ist doch: Wie gut ist die Qualität des weltweit zweitteuersten Gesundheitssystems?»

Der Forschungsleiter für eine tragbare Sozialpolitik bei Avenir Suisse plädiert dafür, den Fokus weg von den Kosten und hin zur Qualität zu lenken. Eine grosse Herausforderung, wie er betont. Denn heute fehlten die Kriterien, um messen zu können, ob eine Behandlung sowohl dem Bedarf – also den fachlichen Ansprüchen – als auch den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten genügt.

Auf dem Weg zur Qualität könnten die Versicherer als «Fluglotsen» agieren: «Heute erhalte ich Rabatt, wenn ich mit meinem Versicherungsmodell Kosten spare. Stattdessen könnten die Versicherer ihr Informationspotenzial nutzen und es unabhängig von Finanzierungsfragen ins Spiel bringen. Sie könnten mich zum Beispiel darauf hinweisen, welche Ärzte sich für eine Behandlung am besten eignen. Hier sehe ich für die Versicherer eine Partnerrolle, die der Qualität des ganzen Systems zugutekommt.»

Jérôme Cosandey

Directeur romand und Forschungsleiter Tragbare Sozialpolitik beim Thinktank Avenir Suisse
Engagiert sich unter anderem dafür, dass im Gesundheitswesen mehr über Qualität und Nutzen geredet wird als nur über Kosten.